Die Beethovenhalle: Ein Bonner Wahrzeichen

Als die Beethovenhalle in Bonn 1984 ihren 25. Geburtstag feierte, waren viele Bürgerinnen und Bürger dabei. Es gab einen Empfang, einen großen Ball und ein Jubiläumskonzert. So etwas hätten sich die Bonner auch zum Fünfzigsten ihrer guten Stube gewünscht, doch das lehnte die Stadtverwaltung ab. Es seien keine Veranstaltungen geplant, weil die Beethovenhalle zugunsten eines Festspielhauses abgerissen werde, hieß es. Dagegen gab es viele Proteste aus der Bevölkerung.

© Roland Rossner, Deutsche Stiftung Denkmalschutz, Bonn
Die Bonner Beethovenhalle am Rhein


Die 1956-59 erbaute Beethovenhalle ist die dritte, die den Namen des großen Sohnes Bonns trägt. Die erste wurde 1845 neben der Franziskanerkirche errichtet und aus Gründen des Brandschutzes kurz darauf wieder abgebrochen. Zur Feier des 100. Geburtstages Beethovens entstand an der Brückenstraße – heute Berliner Freiheit – die zweite Halle. Sie war mit Plätzen für 1.500 Besucher wie ihre Nachfolgerin ein Multifunktionsbau; 1944 wurde sie durch Bomben zerstört.

Obwohl die Schaffung von Wohnraum Priorität hatte, diskutierte man bereits kurz nach Ende des Zweiten Weltkriegs den Neubau eines Festhauses. Die Finanzierung wurde damals unter anderem durch Benefizkonzerte internationaler Künstler ermöglicht. Vor allem waren es aber die Bonner Bürger, die in den wirtschaftlich schwierigen Nachkriegszeiten eine Million Mark bereitstellten.

Bundespräsident Theodor Heuss legte am 16. März 1956 den Grundstein für die neue Beethovenhalle. Vorausgegangen war ein Architektenwettbewerb, an dem sich 109 Büros beteiligt hatten. Als Baugrund war ihnen am Rheinufer das Gelände der kriegszerstörten Universitäts-Frauenklinik zugewiesen worden, denn wegen der Neuordnung des Straßenverkehrs konnte die Beethovenhalle nicht an derselben Stelle wie ihre Vorgängerin errichtet werden. Die Jury, der die Architekten Paul Bonatz und Otto Bartning angehörten, kürte den erst 29-jährigen Siegfried Wolske – einen Schüler Hans Scharouns – zum Gewinner. Sein 1959 vollendeter Bau wurde zu einem Wahrzeichen der Stadt.

© Roland Rossner, Deutsche Stiftung Denkmalschutz, Bonn
Diese Bodenplatte erinnert an die Grundsteinlegung der Halle.

Im Zentrum des Komplexes, bei dem die edelsten Werkstoffe – Granite aus Schweden, Marmor aus Italien, Teakholz aus Burma – verbaut wurden, liegt der 36 Meter breite und 49 Meter tiefe Saal, der von einer Kuppel bekrönt wird. Er fasst bis zu 1.980 Menschen und ist variabel zu bestuhlen. Außerdem entstand ein Studio mit rund 500 und ein Kammermusiksaal mit 240 Plätzen sowie ein Vortragssaal, der Mitte der 1990er Jahre um drei Seminarräume erweitert wurde. Die Besucher betreten das Gebäude von der flussabgewandten Seite. Ein länglicher Flachbau nimmt Kassenhalle und Garderobe auf. Durch eine Glastür gelangt man in das Hauptfoyer, von dem aus sich der Große Saal und kleinere Foyers erschließen.

Die Beethovenhalle blieb Siegfried Wolskes wichtigstes Werk; der Architekt gilt heute als bedeutender Vertreter des „organischen Bauens“. Auch aus diesem Grund wurde die Beethovenhalle 1990 unter Denkmalschutz gestellt, darüber hinaus wegen der Rolle, die sie im gesellschaftlichen Leben Bonns spielt – als Konzerthaus und gleichsam als Haus der Bürger, die dort Bälle, Karnevalssitzungen und vielfältige weitere Veranstaltungen besuchen. Ein wichtiger Aspekt für die Unterschutzstellung war zudem die Tatsache, dass in der Halle vier Bundesversammlungen stattfanden, bei denen die Bundespräsidenten Walter Scheel, Karl Carstens und Richard von Weizsäcker – letzterer 1984 und 1989 – gewählt wurden.


Zusammen mit Architekt Wolske hatte die Bonner Firma Klais für den Hauptsaal der Beethovenhalle eine Orgel mit 5.258 Pfeifen und 67 Registern auf vier Manualen entwickelt – die beste, aber auch die teuerste in der ganzen Bundesrepublik. Wegen der hervorragenden Akustik gastierten die größten Orchester der Welt in der Beethovenhalle, doch gut 50 Jahre nach der Errichtung wurde der Raumklang des Großen Saales als Argument für den Abriss geltend gemacht. Der Dirigent Kurt Masur sprach von einer trockenen Akustik. Gutachter kamen zu dem Ergebnis, dass die Halle für heutige Ansprüche technisch nachrüstbar ist.

Es liegt auf der Hand, dass öffentliche Gebäude von Zeit zu Zeit aktuellen technischen und energetischen Bedürfnissen sowie den Brandschutz-Vorschriften angepasst werden müssen. Anstatt sie zu modernisieren, geht der Trend im Augenblick jedoch in Richtung Abbruch zugunsten eines „schicken“ Neubaus.

© Roland Rossner, Deutsche Stiftung Denkmalschutz, Bonn
Fünfziger-Jahre-Architektur vom Feinsten: das Hauptfoyer


Aktuell zeigen verschiedene Beispiele, dass die Bedeutung der nach dem Zweiten Weltkrieg errichteten Architektur von vielen, vor allem von den politisch Verantwortlichen, nicht wahrgenommen wird. Für sie scheint die Unterschutzstellung der Denkmale in ihrem Eigentum oft nicht relevant zu sein, obwohl sie selbst es sind, die Denkmaleigentümer zur Einhaltung der Gesetze verpflichten. Erst nach Protesten aus der Bevölkerung und aus wirtschaftlichen Gründen werden Prestige-Projekte aufgegeben – nicht aus Gründen des Denkmalschutzes.

So auch in Bonn: Den drei hier angesiedelten Unternehmen Telekom, Post und Postbank, die der Stadt ein neues Festspielhaus schenken wollten, wollte man den Bauplatz zur Verfügung stellen, auf dem sich die geschichtsträchtige, unter Denkmalschutz stehende Beethovenhalle befindet. Die meisten der zehn eingereichten Entwürfe für das neue Konzerthaus sahen einen Abriss der Halle vor, darunter die der Büros Zaha Hadid und Hermann & Valentiny, die bei dem Auswahlverfahren als Sieger benannt wurden.

Für die Realisierung des Festspielhauses schloss sich die Bewegung „Fest.Spiel.Haus.Freunde“ zusammen; für die Erhaltung des Denkmals gründeten 30 Mitglieder der vorangehenden gleichnamigen Bürgerinitiative im Mai 2010 den Verein „ProBeethovenhalle“. Der eingetragene und gemeinnützige Verein betrieb eine intensive Öffentlichkeitsarbeit für eine denkmalgerechte Restaurierung der Beethovenhalle und führte den Dialog mit Institutionen der (Kultur-)Politik auf Kommunal-, Landes- und Bundesebene, der Musik, der Wirtschaft und der Wissenschaft. Darüber hinaus entwarf der Verein in seinen Arbeitsgruppen Konzepte zur nachhaltigen und nutzerfreundlichen Entwicklung des Standorts Beethovenhalle. Auf das Konto des Vereins geht außerdem die Initiative zur Wiederaufnahme eines Verfahrens, bei dem – in Zusammenarbeit mit dem LVR-Landesamt für Denkmalpflege – die Außenanlagen um die Beethovenhalle von Heinrich Raderschall unter Schutz gestellt werden sollen. Dies wurde im März 2014 bestätigt.

© Matthias Jung
Die Studierenden Martin Bredenbeck, Constanze Falke – damals noch Moneke – und Martin Neubacher (v. l.) mit ihrer Professorin Hiltrud Kier. Was die Bonner Verwaltung ablehnte, haben die Studierenden schließlich kurzerhand umgesetzt: Sie gratulierten der Beethovenhalle zum 50. Geburtstag mit einer Ausstellung, in der Arbeiten des Fotografen Hans Schafgans aus der Entstehungszeit des Denkmals gezeigt wurden.

Zu den Mitgliedern des Vereins ProBeethovenhalle gehören die drei Bonner Studierenden Martin Bredenbeck, Constanze Falke – vormals Moneke – und Martin Neubacher. Zusammen mit weiteren Kommilitonen des Kunsthistorischen Instituts an der Bonner Universität und ihrer Professorin Hiltrud Kier waren sie die ersten, die gegen den geplanten Abriss der Beethovenhalle öffentlich protestierten. Sie veranstalteten ein Kolloquium, bei dem einmal mehr herausgestellt wurde, um welchen bedeutenden Bau es sich bei der Beethovenhalle handelt. Für ihr großes Engagement wurden sie 2010 mit dem Deutschen Preis für Denkmalschutz in Form der Silbernen Halbkugel des Deutschen Nationalkomitees für Denkmalschutz ausgezeichnet.

Nachdem sich auch die Post aus dem Projekt Festspielhaus zurückgezogen hatte, beschloss der Bonner Stadtrat schließlich am 10. Dezember 2015 die Sanierung der Beethovenhalle. Sie hätte spätestens 2018 abgeschlossen sein sollen, damit die Halle zum Beethoven-Jubiläum 2020 zur Verfügung steht. Doch es kam anders: Verschiedene Ursachen führten dazu, dass man nun von einer Eröffnung 2024 ausgeht. Die ursprünglich mit 60 Mio. Euro veranschlagten Sanierungskosten haben sich inzwischen mehr als verdoppelt.

Doch es geht voran auf der Baustelle der Beethovenhalle. Und schon jetzt kann man sehen, wie sehr die Restaurierung die Schönheiten des Gebäudes wieder in Szene setzen wird.

Literatur über die Beethovenhalle

Beethovenhalle Bonn – Konzerthaus. Festsaal. Denkmal. Martin Bredenbeck, Constanze Moneke, Martin Neubacher (Hg.). Weidle Verlag Bonn 2010. ISBN 978-3-938803-28-8

50 Jahre Beethovenhalle Bonn – Geschichte und Bedeutung. Yvonne Leiverkus (Hg.). Stadtarchiv und Stadthistorische Bibliothek Bonn 2010. ISBN 978-3-922832-46-1

Zu neuem Glanz Beethovenhalle Bonn 1959 / 2020. Veröffentlichung des Vereins ProBeethovenhalle e.V., 2018

Beethovenhalle. Architekturführer der Werkstatt Baukultur Bonn, Band 1, Bonn 2014. ISSN 2196-5757

Hans Hinterkeuser: Per aspera ad astra. Musik und Architektur im Einklang – Die Beethovenhalle in Bonn, in: Rheinische Heimatpflege, 3/2016

Gisbert Knopp: Das erste Bonner Beethovenfest 1845 nach dem illustrierten Bericht von Anton Schindler und die Errichtung der ersten Bonner Beethovenhalle unter der Leitung des Kölner Dombaumeisters Ernst Friedrich Zwirner, in: Bonner Geschichtsblätter, Jahrbuch des Bonner Heimat- und Geschichtsvereins Band 62/63, Bonn 2013. ISSN 0068-0052

Udo Mainzer: 50 Jahre Beethovenhalle. Ein Baudenkmal von nationalem Rang. In: Rheinische Heimatpflege, 46, 2009, S. 203-210

Carola Nathan: Eine Ikone der Nachkriegsarchitektur. Bonner kämpfen für ihre Beethovenhalle, in: Monumente – Magazin für Denkmalkultur in Deutschland, 1.2010, S. 18

Jörg Rüter: Die Bonner Beethovenhalle. In: Bonner Geschichtsblätter. Hg. Bonner Heimat- und Geschichtsverein sowie Stadtarchiv und Stadthistorische Bibliothek Bonn, 39, 1989 (1992), S. 451-528